Gender-Analyse als Prozess

Gender-Analyse als Prozess

Gender-Analyse als Prozess 1350 1080 glbk

Gute Praxis im Prozess der Gender-Analyse: Klarheit, inhaltliche Offenheit und Praxisbezug


In aller Kürze:


Im Rahmen der Förderung durch den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) führten die Fachreferate in den Ministerien Mecklenburg-Vorpommerns begleitet durch das Landeszentrum für Gleichstellung und Vereinbarkeit in M-V Gender-Analysen durch. Wichtige Erfolgsfaktoren dabei waren Klarheit in Bezug auf Zuständigkeiten und Rahmenbedingungen, stetige Praxisorientierung bzw. Offenheit hinsichtlich der Inhalte der Gender-Analyse und eine nachhaltige Nutzung der Ergebnisse.

Im Detail:

Gender-Analysen können genutzt werden, um das Ungleichgewicht von Macht, Teilhabe und Chancen zwischen Frauen und Männern in verschiedenen Lebensbereichen sichtbar zu machen und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie diese Ungleichheiten verringert werden können. Dafür können verschiedene Datenquellen genutzt werden, wie zum Beispiel wissenschaftliche Studien und Erhebungen, amtliche Statistiken, Monitoringdaten, Befragungen von Expertinnen und Experten, usw. Am Ende des Prozesses steht die schriftliche Dokumentation der Analyseergebnisse.

Zur Umsetzung des Querschnittsziels Gleichstellung der Geschlechter im Zuge der Förderung durch den ESF Plus führten die Fachreferate in den Ministerien Mecklenburg-Vorpommerns (M-V) in der Förderperiode 2021-2027 Gender-Analysen für die verschiedenen Förderinstrumente durch. Dabei wurden sie durch das Landeszentrum für Gleichstellung und Vereinbarkeit in M-V unterstützt. Zum einen stellte das Landeszentrum Leitfragen für die Durchführung der Gender-Analyse zur Verfügung. Zum anderen erfolgte ein intensiver Austausch zwischen den Mitarbeitenden der Fachreferate und des Landeszentrums.

Folgende Punkte haben sich für diese begleitete Durchführung von Gender-Analysen als besonders förderlich herausgestellt.

Sicherheit für alle Beteiligten

Von entscheidender Bedeutung war die klare Kommunikation in Bezug auf den Auftrag für die Fachreferate, die Rollen von Fachreferat und Landeszentrum sowie den Zeitrahmen zur Erstellung der Gender-Analysen. Dies wurde erreicht durch ein Schreiben der für die Umsetzung des ESF Plus in M-V verantwortlichen Fondsverwaltung an die zuständigen Fachreferate. Damit hatten alle Beteiligten eine sichere Grundlage für die Durchführung der Gender-Analysen und die Zusammenarbeit.

Arbeitsweise / Prozessgestaltung

Die Erarbeitung von Gender-Analysen beanspruchte Zeit- sowie Personalressourcen. In der Regel erfolgte über mehrere Monate hinweg die Sichtung und Analyse von Daten, die gemeinsame Arbeit an geteilten Textdateien sowie ein enger Austausch per Videokonferenz oder Telefon zum Wissenstransfer und zum jeweils erreichten Arbeitsstand. Einige Fachreferate waren für mehrere Förderinstrumente zugleich zuständig. Daher wurde zwischen den Fachreferaten und dem Landeszentrum der jeweilige Unterstützungs- bzw. Erarbeitungsprozess zeitlich und organisatorisch vorausgeplant.

So fand mit einem Fachreferat, in dem mehrere Förderinstrumente durch verschiedene Mitarbeiter*innen bearbeitet werden, ein Auftaktreffen mit allen zuständigen Mitarbeiter*innen des Fachreferats und des Landeszentrums statt. Der gemeinsame frühe Austausch aller Beteiligten ermöglichte:

➢ die Klärung von zeitlichen und inhaltlichen Prioritäten auf Seiten des Fachreferates,
➢ die Klärung inhaltlicher Zuständigkeiten (Wer ist Ansprechpartner*in für wen?) und
➢ die Abstimmung der weiteren Verfahrensweise (Wer übernimmt welche Aufgaben? Wer wird wann worüber informiert?).

Damit wurde Transparenz für aktuelle Arbeitsbelastungen im Fachreferat auf der einen sowie relevante Rahmenbedingungen des Landeszentrums auf der anderen Seite hergestellt und dadurch eine realistische Festlegung von Zeitfenstern für die Bearbeitung der Gender-Analysen ermöglicht. Durch die getroffenen Absprachen konnte die Fachreferatsleitung im weiteren Verlauf jederzeit den Überblick über den Arbeitsstand der verschiedenen Dokumente behalten, ohne an der Erarbeitung direkt beteiligt zu sein. Bei finalen Abstimmungsgesprächen war die Leitung stets eingebunden.

Nutzung vorhandener Expertise

Die Durchführung der Gender-Analysen erfolgte in der Regel in mehreren Überarbeitungsphasen von Fachreferat und Landeszentrum und jeweils darauffolgenden Diskussions-/Abstimmungsgesprächen. So gelang die Erstellung von Analysedokumenten, in denen Fachexpertise zum Fördergegenstand sowie Expertise zur Gleichstellung von Frauen und Männern zusammengeführt werden konnten. Die strukturierte Aufbereitung ermöglichte die Ableitung von wichtigen Erkenntnissen sowie Ansätzen für mögliche Gleichstellungsziele und -maßnahmen. Dazu beigetragen hat auch, dass die Fachreferate in Einzelfällen für das Landeszentrum Kontakte zu geförderten Trägern bzw. Projekten im ESF Plus herstellten. Dies ermöglichte dem Landeszentrum konkrete Einblicke in die Arbeitsweise, Herausforderungen, Grenzen und Möglichkeiten der Förderung. Gleichstellungsbezogene Daten konnten so mit Praxiserfahrungen und teils mit regionalspezifischen Gegebenheiten abgeglichen werden.

Für ein erstmals in Mecklenburg-Vorpommern umgesetztes Förderinstrument erwies es sich darüber hinaus als sehr erfolgreich, dass die im Fachreferat zuständige Person selbst über große wissenschaftliche Expertise zum Förderbereich verfügte, wodurch bei der Durchführung der Gender-Analyse die Herausforderung bewältigt werden konnte, dass zur Förderung selbst noch keine Daten bzw. Erfahrungswerte aus M-V vorlagen.

Zuständigkeiten für die Erstellung

Bei der Auswahl der für die Durchführung der Gender-Analysen zuständigen Mitarbeiter*innen in den Fachreferaten wählten die Referatsleitungen zwei verschiedene Ansätze, die jeweils unterschiedliche Vorteile boten:

1) Die Person, die im Fachreferat für die Umsetzung des Förderinstruments zuständig ist, übernimmt auch die Durchführung der dazugehörigen Gender-Analyse. Dadurch hat
diese Person die größtmögliche Fachexpertise zum jeweiligen Förderinstrument und ggf. auch Entscheidungsbefugnisse (z.B. zur Ansprache von Trägern oder Einsicht in
Daten).
2) Ein*e Mitarbeiter*in übernimmt die Gender-Analysen für alle im jeweiligen Fachreferat liegenden Förderinstrumente. Diese Person kann durch die Durchführung mehrerer
Gender-Analysen ihre Genderkompetenz signifikant (weiter)entwickeln und dadurch auch die Qualität der Gender-Analysen erhöhen. Die anderen Mitarbeiter*innen im
Fachreferat werden dadurch entlastet.

Ergebnis & Nachhaltigkeit:

Der grundsätzlich ergebnisoffene Ansatz des Analyseinstruments sorgte für eine hohe Bereitschaft der Fachreferate, sich aktiv in den Erstellungsprozess einzubringen, selbst wenn Zweifel an dem Ausgang des Analyseprozesses bestanden. So wurden von zwei Fachreferaten geschlechterbezogene Ungleichheiten in der Förderpraxis herausgearbeitet, aber gleichzeitig auch die Grenzen benannt, die den Interventionsmöglichkeiten im Zuge der Förderung von Instrumenten gesetzt sind. Infolgedessen konnte zwar keine Handlungsoption abgeleitet werden, doch wurden Impulse dafür gesetzt, wie z.B. bei der Ausgestaltung von zukünftigen Förderinstrumenten in diesen Bereichen Gleichstellung berücksichtigt werden kann.

Für die Mehrheit der Förderinstrumente ist vorgesehen, dass die Fachreferate auf den Gender-Analysen aufbauend Gleichstellungsziele und -maßnahmen entwickeln. Dadurch kann das jeweilige Förderinstrument hinsichtlich der geschlechtsspezifischen Bedarfe von Männern und Frauen optimal ausgerichtet und insgesamt dessen Wirksamkeit maximiert werden.

Die erstellten Gender-Analysen für die Förderinstrumente wurden von der Fondsverwaltung gesammelt sowie an die Mitglieder eines Begleitgremiums weitergeleitet, welches die Umsetzung des Querschnittsziel Gleichstellung der Geschlechter im ESF Plus in M-V im Fokus hat. Dieses Gremium machte von der Möglichkeit Gebrauch, sich mit einzelnen Gender-Analysen detailliert auseinanderzusetzen. Es kann außerdem alle Analysen sowie die daraus abzuleitenden Ziele und Maßnahmen für die Weiterentwicklung der ESF Plus-Förderung in M-V nutzen.

Die im Zuge der Gender-Analysen gewonnenen Erkenntnisse können für mehr als Verbesserungen in der konkreten ESF Plus-Förderpraxis verwendet werden. So werden bspw. die Ergebnisse einer Gender-Analyse eingebettet in ein umfangreiches, ressortübergreifendes Landeskonzept, wo sie u.a. dazu dienen, geplante Vorhaben für unterschiedliche Alters- und Zielgruppen gendersensibel und klischeefrei umzusetzen.


Gute Praxis zum Mitnehmen

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